Die Eisenindustrie in Neuzeug –
Streifzug durch eine glorreiche Vergangenheit
Die Entwicklung der Eisenindustrie in Sierninghofen/Neuzeug
Angeblich haben bereits die Römer in Neuzeug Eisenwaren erzeugt und sollen dazu die Wasserkraft der Steyr genutzt haben.
Das Vorhandensein eines fließenden Gewässers stellt zweifellos eine der wichtigsten Standortvoraussetzungen dafür dar, dass Neuzeug über viele Jahrhunderte an einem der wichtigsten Wirtschaftszweige der Region, der Kleineisenverarbeitung, partizipieren konnte. Neben der Verwendung der Energie des Wassers für die verschiedenen Antriebe war die Steyr auch ein wichtiger Transportweg, ebenso war das flüssige Element sehr bedeutsam bei der Bekämpfung von immer wieder auftretenden Bränden.
Die erste Erwähnung von Newenzeug (neues Zeug) ist mit Ende des 15. Jahrhunderts datiert.
Die Schleifen in Neuzeug waren zu dieser Zeit im Besitz der mächtigen Losensteiner zu Gschwendt. Die zahlreichen Untertanen der Herrschaft Gschwendt in und um Neuzeug waren im “Amt Neuzeug an der Steyr“ vereinigt.
Durch den Ort führte damals ein 630 m langer Wehrgraben, der mittlerweile nicht mehr existiert.
Um das Jahr 1550 berief Dietmar V. von Losenstein aus der Gegend von Schmalkalden, einer Stadt im Südwesten des Freistaates Thüringen, Schleifermeister und Ahlschmiede nach Neuzeug und ließ mehrere neue Schleifen errichten. Messer waren damals ein wichtiges Exportgut, an deren Einnahmen natürlich auch die Obrigkeit interessiert war.
Für geschichtlich besonders interessierte oder bewanderte Leser:
- Was sagt Ihnen der Begriff „Schmalkaldischer Bund“?
Um 1600 stand das Handwerk in höchster Blüte, 30 bis 40 Hellebarden aus Neuzeug wurden jeden Sonntag in Sierning verkauft. Nur spärlich trafen Waffen in Linz ein. Die besten blieben zu Hause versteckt, nur die schlechten, rostigen lieferte man ab.
Im 17. Jahrhundert ging das Geschäft deutlich zurück. Der 30jährige Krieg von 1618 bis 1648 brachte auch unserer Heimat einen allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang.
Ende des 17. Jahrhunderts wurden die Zünfte gegründet. Jede Zunft hatte ein Zunftzeichen, diese wurden bei der Fronleichnamsprozession mitgetragen.
In der Mitte des 18. Jahrhunderts gab es in Neuzeug 19 Ahlschmieden. Das Hilfspersonal war überwiegend weiblich, auch, weil dies eine Arbeitsleistung war, welche die Frau nicht außer Haus leisten musste. Mit Ausnahme der Mägde hatten fast alle arbeitenden Frauen Familienbeziehung zum Arbeitgeber, sie waren an das Haus gebunden. Die Familie übte eine Produktionsfunktion (Familienbetrieb) aus, die sie erst in der Industriegesellschaft verlor.
Am 27. September 1796 erließ die Herrschaft Gschwendt, in deren Besitz sich viele der Häuser und Produktionsanlagen befanden, einen Contract und übertrug damit diese Objekte, genauso wie die Wehranlagen, in das Eigentum der in den Häusern lebenden Menschen. Es war einerseits eine Befreiung, andererseits waren die Handwerker für das neue Eigentum ab nun selbst verantwortlich.
Die Arbeitsschritte der Messerherstellung- bzw. vermarktung lassen sich vereinfacht wie folgt darstellen:
Zuerst schmiedete der Klingenschmied die Klingen aus, welche vom Schleifer geschliffen und poliert wurden. Der Messerer montierte die Griffschalen oder das Heft. Die Verleger wiederum besorgten das Material und verkauften die Ware.
Handwerker wurden zur Hälfte in Bargeld, zur anderen Hälfte wurde in Form von Rohstoffen, Lebensmitteln und Textilien bezahlt.
Bedeutende Betriebe bzw. Persönlichkeiten im 19. Jahrhundert:
- Firma Bandl, gegründet 1821 von Josef Radmoser: Der Messermeister war auch Gemeinderat und seine Frau Ehrenmitglied der Liedertafel Sierninghofen/Neuzeug. Er residierte in der sogenannten Radmoservilla.
- Leopold Forster, Messerschmiedmeister, erzeugte mit 50 Arbeitern aus 500 bis 600 Zentnern Stahl jährlich 10.000 Dutzend Tafelmesser und Gabeln, die Griffe mit den Klingen aus einem Stück. Aufgrund des bedeutenden Betriebes und des Exportes wurde Forster 1845 die bronzene Medaille bei der Gewerbeausstellung in Wien zuerkannt. Forster beschäftigte drei Mitmeister und 50 Arbeiter, welche großteils in ihren eigenen Werkstätten arbeiteten. – Später sollte Leopold Forster die erste Messerfabrik in Neuzeug gründen.
- Die Firma Gottfried Pils stellte 10.000 bis 15.000 Dutzend stählerne Tafelmesser pro Jahr her. Diese Erzeugnisse wurden vor allem nach Ungarn, Siebenbürgen und an die Levante (Länder im östlichen Mittelmeer) exportiert. Pils wurde deshalb bei der Gewerbeausstellung 1845 in Wien mit einer „ehrenvollen Erwähnung“ ausgezeichnet.
- Carl Almeroth (siehe Foto unten), ein Freund und Gönner von Anton Bruckner, kaufte 1891 das Sägewerk Unterletten und eröffnete 1892 dort seine Messerfabrik.
- Diese Firma übernahm Otto Christ 1897
Als sehr einschneidendes Ereignis im 19. Jahrhundert galt der Brand der Schleifen im Jahr 1868, der große Zerstörung verursachte, von der sich die Messerindustrie lange nicht erholte.
20. Jahrhundert
Nach dem 1. Weltkrieg hatte die Firma Bandl ca. 200 Mitarbeiter, die Firma Otto Christ zeitweilig sogar 250.
1922 schlossen sich dann alle Betriebe in Neuzeug zu einem gemeinsamen Einkauf um einheitliche Preise zu erzielen, zusammen, sie gründeten die Merkurwerke.
1931 kaufte sich Franz Pils mit seinen Söhnen in Neuzeug in die Merkurwerke Bandl/Christ ein.
Ein gewisser Georg König wird laut einem alten Zeitungsausschnitt als letzter Klingenschmied in Oberösterreich tituliert. Er wohnte in Pichlern 20, Post Neuzeug. Mit einigen Gesellen stanzte er Besteckteile, die auf einem starken Holzwagerl (Schmiedtenwagerl) zum Bahnhof Aschach an der Steyr zur Weiterverarbeitung nach Steinbach an der Steyr gebracht wurden. Sein Können hatte er in der Fachschule in Steyr erworben. Er verstarb ganz plötzlich am 24. November 1932.
Die Witwe Rosa König verkaufte die „Stanz“ an Herrn Löschenkohl in Trattenbach, der noch einige Jahre damit Geschäfte machte.
Das alte Wohnhaus mit angebauter Schmiede steht noch heute in Pichlern (Pichlernstraße 1)
Georg König -
letzter Messerschmied
1945 tauchte erstmalig der Name Neuzeughammer auf.
1963 stieg der Rosenthal Konzern bei Neuzeughammer Abmbosswerk ein, was eine Modernisierung der Firma nach sich zog. Die international ausgezeichneten Designbestecke passten perfekt zur Philosophie von Rosenthal. Betriebsleiter wurde Thomas Abendroth. Leider schloss Rosenthal 1976 den Betrieb und verlegte die Besteckerzeugung nach Deutschland.
Welcher bekannte Politiker ist hier beim Besuch des „Neuzeughammers“ zu sehen?
Am 1.1.77 gründeten die Herren Walter Hack und Max Eckhard die Neuzeughammer Gesenkschmiede & Preßwerk GmbH, welche allerdings nicht lange existierte. Eine jahrhundertelange Erfolgsgeschichte ging damit zu Ende.
Heute zeugen nur noch einige Gebäude von der großen Zeit der Eisenindustrie in Neuzeug, in einem davon befindet sich die Porzellanmanufaktur von Mag. Beate Seckauer.
Lösungen:
1. Der Schmalkaldische Bund (auch Schmalkaldische Liga oder Liga von Schmalkalden genannt) war ein am 27. Februar 1531 in Schmalkalden geschlossenes Verteidigungsbündnis protestantischer Fürsten und Städte gegen die Religionspolitik des katholischen Kaisers Karl V. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Einwanderer nach Neuzeug Protestanten waren.
2. Der bekannte Politiker ist natürlich Dr. Bruno Kreisky.