DAS MARTINSSPITAL
Martinsspital mit ehemaliger Steyrer Straße, die alte Adresse lautete: Sierning 102
Die Personen von links nach rechts: Rosa Vielhaber (vereh. Wilhelm), Gertrude Ostermann (vereh. Grabowy), die jüngste Tochter des letzten Hausverwalters Johann Ostermann, Frau Vielhaber (geb. Rauch).
Ursprünglich gehörte der Brunnen zum Martinsspital, auch Nachbarn waren berechtigt Wasser für ihre Zwecke zu verwenden (Wasche waschen, Verwendung zum Kochen und zur Körperpflege).
Die Adresse heute: Steyrer Straße 38Die Gemeinde Sierning ließ das denkmalgeschützte Haus und die dazugehörende Kapelle 1979 renovieren. Später wurde die Immobilie verkauft. Die Kapelle blieb im Besitz der der Marktgemeinde.
Das Martinsspital wurde von einem Spitalsmeister verwaltet.
Der jeweilige Pfarrer von Sierning hatte großen Einfluss bei der Ernennung des Spitalsmeisters. Es wurde immer eine angesehene untadelige bürgerliche Sierninger Familie für dieses Amt ausgewählt. Dabei ist festzuhalten, dass auch die Ehefrau des Verwalters ihre Aufgaben für die Gemeinschaft im Spital zu erfüllen hatte: als Köchin, Gärtnerin und Krankenpflegerin. Für die Verteilung der häuslichen Arbeiten an die Bewohner des Hauses war sie ebenfalls zuständig.
Der Spitalsmeister hatte für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Das Beschaffen von Holz und Lebensmitteln fiel in seine Kompetenz. Handwerkliche Fähigkeiten waren natürlich auch gefragt. Das Unternehmen „Spital“ hatte er gewinnbringend zu führen. Von der Pfarre wurde er sehr genau kontrolliert.
Auskünfte über die Bewohner und über die Finanzierung des Martinsspitals
In Stiftsbriefen von 1758 und 1762 wurde vermerkt, dass 8 arme gesittete Personen, 4 männlichen und 4 weiblichen Geschlechts im Martinsspital gratis aufgenommen würden. Nebst der unentgeltlichen Wohnung und dem Brennholz sollten die Pfründner mit einer Tagesportion von 4,5 Kronen beteilt werden. Diese Vereinbarungen galten 80 Jahre bis zum Jahr 1838.
Im Stiftsbrief von 1838 wurde darauf hingewiesen, dass auf Grund der allgemeinen schlechten wirtschaftlichen Lage und der großen Geldentwertung die Zahl der Pfründner und ihr Taschengeld vermindert werden müssten. Am Ende des Jahres 1838 betrug das Vermögen dieser Anstalt 250 fl. C.M. und 3146 fl.24 kr. W. W. in Staatspapieren. Die Einkünfte beliefen sich im genannten Jahr auf 458 fl. 56,75 kr., die Ausgaben auf 71fl. 4kr. C.M. Es wurden ab diesem Zeitpunkt nur mehr 4 Pfründner versorgt, von denen jeder jährlich 24fl. W.W. bezog. Im Jahr 1820 erhielt man für 250 fl. W.W. nur 100 fl. C.M.
Armenhäuser und Spitäler erhielten sehr oft Spenden von wohlhabenden Menschen.
Was meinen Sie?
Welche Motivation steckte dahinter, dass gutsituierte Menschen einen Teil ihres Vermögens an Bedürftige, Armenhäuser oder Spitäler verschenkten?
Auch der Spitalsmeister musste Steuern zahlen
Im Urbarium der Herrschaft Pfarre Sierning des Domkapitels Passau von 1711 bis 1720 ist zu lesen:
Jeder „Spitlmaister“ muss für ein Gartenackerl 1kr 2pf „Verzickten Dienst“ leisten.
Was meinen Sie?
Was bedeutete „Verzickter Dienst“ in der damaligen Finanzwelt?
Leonhard Perckmann legte den Grundstein für das Martinsspital
Dechant und Pfarrer von Linz
Canonicus von Spital a. P.
Hofprediger bei Sr. Durchlaucht des Erzherzogs Matthias
Pfarrer von Sierning 1592- 1608
Als Pfarrer von Sierning hatte er die Aufgabe, die dem katholischen Glauben Fernstehenden für diesen wieder zu begeistern. Der 2. Bauernkrieg (1595 – 1597) tobte in unserer Gegend. Die Bauern waren unter anderem wegen zu hoher Steuern, die wegen der drohenden Türkengefahr eingehoben wurden, erzürnt. Sie wetterten auch gegen die Musterung für den Türkenfeldzug. Ein anderer Teil der Sierninger Bevölkerung profitierte von den dauernden Unruhen. Das Handwerk in Neuzeug stand durch die Erzeugung von Hellebarden in höchster Blüte.
1606 brannte der von 1550 – 1600 neu errichtete Pfarrhof ab (Schloss) Er wurde wieder sehr rasch aufgebaut.
Im gleichen Jahr legte Pfarrer Perckmann das wohl älteste heute noch existierende Buch an. Es ist das 1.Taufbuch der Pfarre Sierning.
Was meinen Sie?
Im Jahre 1606 wurden 96 Geburten im Taufbuch eingetragen, 1607 waren es bereits 133, im Jahre 1608 wurden 159 Eintragungen gezählt und 1609 waren es 150. Was könnte der Grund sein, dass jährlich die Zahl der Taufen zunahm?
Wenzelslaus Jakobus Ruhland Vollender des Martinsspitals
Kanonikus des reichsfürstlichen Hochstiftes Passau
Kanonikus von Budweis
Pfarrer von Freistadt
Pfarrer von Sierning 1608 - 1628
Er war Unterstützer der Gegenreformation und gehörte zu den Befürwortern, dass in Steyr ein Jesuitenkollegium errichtet werden sollte.
Pfarrer W. J. Ruhland hatte Ärger mit den Bewohnern der Ortschaften Pichlern und Neuzeug, weil sie nicht konvertieren wollten. Graf Achaz von Losenstein auf Losensteinleithen, selbst erst vom Protestanten zum Katholiken geworden, setzte seinen noch evangelischen Untertanen in Pichlern und Neuzeug am Lichtmesstag 1626 eine Frist von 4 Wochen. In dieser Zeit sollten sie gläubige Katholiken werden. Es wechselte aber niemand das Religionsbekenntnis. Pfarrer Ruhland schrieb deshalb am 9. März 1626 dem Grafen, dass in Pichlern und Neuzeug trotz des gütlichen Zuredens niemand seinen Anordnungen Folge leistete. Auch die Drohung, dass bei den uneinsichtigen Hausbesitzern Soldaten einquartiert würden, nützte nichts, im Gegenteil, sie „verhielten sich weiter trutziglich“ (trotzig).
Was meinen Sie?
Welche Aufgaben hatte der Jesuitenorden im katholischen Habsburgerreich zu erfüllen?
Martinsspital von der HofseiteMartinsspital von der Hofseite mit Hödlhaus und Holzhütte.
Beantwortung der Fragen:
- 1822 wurde das uniformierte Schützenkorps (Bürgergarde) und Musikkapelle gegründet.
- Die Vermögenden waren der Meinung, dass die Bewohner der Armenhäuser und Spitäler genug Zeit hätten, für das Seelenheil ihrer Spender zu beten. Dadurch konnten diese die ewige Glückseligkeit im Paradies erlangen.
- Der „Verzickte Dienst“ war eine Steuer, die am Bauernfeiertag, dem „Georgi-Tag“ pünktlich bezahlt werden musste. Es wurde kein Aufschub geduldet. Bei unpünktlicher Bezahlung drohte dem jeweiligen Untertanen der Herrschaft die Pfändung.
- Die rapide Zunahme der Taufen ist darauf zurückzuführen, dass immer mehr Menschen in der Pfarre den katholischen Glauben annahmen. Kirche und Kaiserhaus setzten ihre Untertanen unter Druck, deshalb wechselten viele Bewohner ihr Religionsbekenntnis (Gegenreformation). Als erstes sichtbares Zeichen ließen sie ihre Kinder taufen, um so manch strengen Bekehrungsmaßnahmen zu entkommen. (z. B. Landesverweis, Einquartierung von Soldaten ….). Überzeugte Protestanten nahmen zwar die Rituale der katholischen Kirche an, doch im Geheimen blieben sie dem evangelischen Glauben treu (Geheimprotestantismus).
- Die Jesuiten wurden von Kaiser Ferdinand II. gebeten, die Rekatholisierung der Protestanten in Österreich voranzutreiben.
Die Spitalskapelle
Wie wir sie heute kennen, wurde sicher später erbaut als das Martinsspital (1628). Man nimmt an, dass beim Bau des Spitals eine Kapelle im Gebäude integriert war, weil an der Nordost-Wand eine Rundung auffällt, die für einen Altarraum als Apsis passen würde. Auf dem ziegelgedeckten Pyramidendach und dem mit Blech gedeckten Dreiseitschluss ragt auf einem Turmknauf befestigt ein Doppelkreuz in die Höhe.
Inneneinrichtung:
An der Stirnwand hängt ein Gemälde, auf welchem die sitzend, gekrönte Maria und das gekrönte Kind dargestellt wird. Ein Eisengitter trennt den Betraum (20 Sitzplätze) vom Altarraum, in welchem auch ein Opferstock mit festen Beschlägen steht. Der zitronengelb ausgemalte Betraum trägt ein weißgekalktes Kreuzgratgewölbe. An beiden vorderen Seitenwänden hängen große Ölbilder (Hl. Aloisius und Hl. Johannes von Nepumuk). 2 spitzbogige Fenster, die im oberen Teil mit Buntglas versehen sind, erhellen das Innere. Am Fronleichnamstag ist die Kapelle als 3. Segensstatt in Verwendung. 1979 wurde sie von der Marktgemeinde renoviert, diese ist auch Besitzerin und Erhalterin des Denkmals.
Literatur:
- Lipa, Helmut und Mitglieder der Landjugend Sierning-Schiedlberg: Kleindenkmäler in Sierning,
Bildnachweise Heinrich Sperer und Landjugend Sierning-Schiedlberg, Druck Friedrich VDV, Linz, April 2009.
Gedicht D`SpitalkapellnLiteratur:
- Gattermeyer, Karl: Frühlingskinder, Gedichte in OÖ. Mundart, Kommissionsverlag Preßverein Linz, 1931, S. 21.